Eine schaurig-schöne Ballade aus dem Künstlerleben
Das Porträt Ingeborg von 1977, Öl auf Holz - neuer Besitzer - Begutachtung im Atelier - gravierende Schäden durch Fremdeinwirkung - Bitte um Behebung.
Eintrag ins Tagebuch 1977 - Besuch bei einem Freund…
...Dessen Lebensbegleiterin, schön, dunkel, schockierend geheimnisvoll...
Bei Pictor schlagen die Flammen bis an die Schläfen. Er sieht ein Bild vor sich – Schönheit und Vergehen. Üppiges Blumenbouquet in Manier des Daniel Seghers mit Kleinstschädlingen und anderen Störenfrieden menschlicher Schönheit. Und in einer geistigen Zeitraffung verwandelt sich das schöne Gesicht des Mädchens in eine antike Skulptur mit zahllosen Sprüngen und Kraqueles. Doch bleibt es schön.
Kommenden Tages, gut gelaunt betritt er die Wohnung im ruinösen Bauernhof. Dort erwartet ihn bereits seine Liebste. An diesem Tag, zu dieser Stunde jedoch keine Spur von Liebe. Aus ihren Tigeraugen sprühen meterlange Lichtbogenblitze. Sie hat den alten Revolver aus dem Schrank geholt, den er dort als Sicherheitsmaßnahme des Landlebens aufbewahrte. Pictor blickt teils überrascht, teils amüsiert in die auf ihn gerichtete Mündung der Waffe – knackend spannt die Liebste den Hahn, ihre Hand zittert, oh, welch eine Erregung, welche Würze seines Lebens. Ein kurzer gedanklicher Reflex – gleich werde ich tot sein! Sie drückt ab - dem Mund Pictors entfährt ein irres Lachen, denn kein Schuss löst sich.
Am frühen Morgen dieses Tages nämlich, halb noch im Schlaf und aus einer Ahnung heraus, wer weiß woher, stand er auf und entlud die Waffe. Welchen Geistes war wohl der Engel der ihm dies einflüsterte. In der Nacht hatte seine Herzenspartnerin den begeisterten Eintrag über seine Begegnung mit Ingeborg gelesen...
Durch Ingeborgs Portrait im Atelier wurde die Geschichte wieder präsent… ein spannendes und ent-spannendes Künstler Leben…
Pictor